Unzählige Sterne rasten dem unbekannten Horizont aller Mysterien entgegen. Nebulas Geist schien das gesamte Universum zu umfassen – mit nur einem Gedanken konnte sie neue Planeten erschaffen, neue Geschöpfe. Ihre Ideen wurden umgehend Realität, die in einem endlosen Zyklus immer wieder starben und neu geboren wurden – aus der Verzweiflung über den Tod wurde die Freude über die Wiedergeburt. Tief in ihre Meditation versunken, bemerkte sie gar nicht, wie die Jahrhunderte vergingen, bis sie endlich etwas aus ihrer Trance riss.

Es war ein Signal des Richters. Wie viele Jahrhunderte wohl vergangen waren, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten? Und doch erkannte sie seinen unverkennbaren Ruf jedes Mal, auch wenn sie durch Unmengen an Galaxien getrennt waren. Ihr Gefährte rief sie zur Wiege der Anfänge. Nebula wusste sofort, dass das Schlimmste passiert war.

„Harmonie, Gleichgewicht, Einigkeit – solch fundamentale Dinge und so zerbrechlich!“, dachte sich Nebula, als sie widerwillig die Seligkeit der zeitlosen Dimension hinter sich ließ. Doch nun war die Zeit gekommen, ihre Pflicht zu erfüllen, das, wofür sie geschaffen worden war. Tatsächlich war das Signal des Richters äußerst beunruhigend.

Bei ihrer Ankunft wurde Nebula ob des Anblicks, der sie dort erwartete, leichenblass: Die Wiege war leer. Wo war Er? Als Antwort auf ihre nicht geäußerte Frage zuckte der Richter nur mit den Schultern, denn er war ebenso perplex. Die leere Wiege sah bedrohlich aus, ominös. Energieströme, die wild wie durchtrennte Nabelschnüre hin- und herflatterten, quollen ohne Widerstand in die Kälte des Weltraums hinaus.

Die Beschützer hatten ihren Schutzbefohlenen verloren und waren somit an ihrer heiligen Aufgabe gescheitert. Und nun schwebte das gesamte Universum in Gefahr. Die ewige Harmonie war bereits gestört worden: Mehrere Galaxien in der Nähe gingen in gewaltigen Explosionen nieder und ließen nur Wolken aus Staub und Gas zurück.

Der Richter und Nebula wussten, dass sie keine Zeit zu verlieren hatten, denn Er würde nicht aufhören. Sie hefteten sich sofort an Seine Fersen. Und als sie den nächstgelegenen Planeten erreichten, was fanden sie dort vor? Überall Unruhen und Aufstände. Der Frieden war gebrochen und die Bewohner des Planeten waren von Hass und Zwietracht benebelt. Es war offensichtlich, dass diese Welt schon sehr bald im ewigen Bürgerkrieg versinken würde. Das war Sein Werk. Sie folgten weiter Seiner Spur, nächster Halt: Jauddar – ein lebloser Wüstenmond mit einigen Schwefelfeldern und Säurequellen. Aber was war hier passiert? Die südliche Hemisphäre war jetzt von einem endlosen, himmelblauen Ozean bedeckt und am Äquator spross ein dichter Dschungel aus dem Boden, der den gesamten Planeten wie ein smaragdgrüner Gürtel umringte. Auch hier hatte Er also einen Planeten zu Seinem Spielball auserkoren. Nebula versetzte diese zerstörten Welten behutsam wieder in ihren ursprünglichen Zustand zurück, um die fragile Harmonie aller Dinge vielleicht doch noch erhalten zu können.

Planet um Planet verausgabten sich die Hüter zunehmend, um die geheiligte Einigkeit zu bewahren, doch schließlich sahen sie sich gezwungen, sich aufzuteilen. Sie mussten mitansehen, wie sich alles um sie herum verwandelte: Wo immer Er auch hinging, sprossen neue Städte wie Pilze aus dem Boden, während bestehende in Ruinen verwandelt wurden. Neue Wesen wurden geboren und ganze Weltreligionen ausgelöscht. Ja, das Universum veränderte sich und einige dieser Veränderungen wirkten wie ein Segen. Aber war es deswegen gerechtfertigt? Die natürliche Ordnung war zerschmettert worden und die das Fundament der Realität löste sich langsam auf.

Er ist groß, Er ist allmächtig, Er ist der Schöpfer von allem, ja, aber Er ist auch nur ein Kind, das seinen vergänglichen Launen hinterherjagt, ohne Seine eigene Stärke zu kennen. Er ist Gott und Er ist jedes Partikel dieses Universums. Er ist sowohl Chaos als auch Ordnung, gut und böse zugleich. Er ist unser aller Unheil und doch unsere einzige Hoffnung auf Erlösung.

Aber Er ist kein bösartiger Dämon, der nur seinen zerstörerischen Trieben frönt. Schließlich ist Er tatsächlich nichts weiter als ein Kind, der das Universum durch begeisterte Augen betrachtet. Ein Kind, das weder Furcht noch Zweifel kennt, das sowohl Chaos als auch Ordnung gleichermaßen in sich vereint. Nebula und der Richter werden ihren ungezogenen Schützling zurückbringen und die ursprüngliche Harmonie des Universums wird wieder hergestellt werden. Doch fürs Erste wird der Weg der beiden Gefährten sie durch das Dominion führen, das zu einem Kriegsgebiet gegen die Mächte der Finsternis geworden ist. Wo bist du nur, mein kleiner Göttling? Komm zurück!